Für Niemanden – Vesoul, 7. Januar 2015 von Quentin Mouron

Übersetzt aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller

Ein Buch für Niemanden. Nicht, dass es niemanden ansprechen würde, aber es ist niemandem gewidmet. Ganz explizit, denn es soll auch für niemanden sein.

Für Niemanden

Eine bitterböse Satire. Eine Groteske. Ein pikaresker Roman, der seine Welt nicht ernst nehmen kann, nicht ernst nehmen will. Handlungszusammenfassungen sind völlig fehl am Platz, es ist gänzlich unbedeutend, was passiert, was den »Plot« antreibt. Denn der Antrieb dieses Buches ist nicht seine Geschichte, es ist die Karikatur, die Absurdisierung einer aus den Fugen geratenen Welt. Die Neuschreibung einer zu Unrecht verdrehten Wahrheit. Alles und Nichts. Für Niemanden.

Keine Sorge, einige Sinnes- und Nervenzellen besitze ich noch, aber man kann diesem Roman nicht anders begegnen, als ihn mit seiner Logik aufzugreifen. Wobei Logik. Das ist das was die Philosophen in ihren Seminaren nutzen, Prädikaten- und Aussagenlogik. Und mit der kommt man hier auch nicht weiter. Mouron legt ein bitterböses Buch vor, dessen vorerst einziger innerer Zusammenhang das Chaos zu sein scheint. Dieses Chaos folgt einer strengen Logik, Ehrensache. Natürlich hat es so etwas wie eine Handlung, zwei Menschen sitzen in einem Auto, einer fährt. Zusammen fahren sie nach Vesoul, dort scheint die ganze Welt verrückt geworden zu sein. Es wird protestiert, randaliert. Alles passiert. Und nichts. Ein Sturm im Wasserglas.

Die Gegner, wenn es denn Gegner sind, sind die Hipster, die Bart- und Schnauzträger, die Yogawochenendretreater, die Behornbrillten in Birkenstöcken. Man muss das, zumindest ich, als Abrechnung lesen, als Überhöhung, als hyperbolische Allegorie. Und da sind wir wieder bei der Philosophie. Das von Mouron in Form dieses Romanes vorgetragene Argument ist ein klassischer Strohmann, ein bis aufs Äusserste aufgeblähtes Etwas ohne Substanz. Natürlich muss dieser Strohgigant beim kleinsten Wind zusammenfallen. Aber, das ist völlig nebensächlich. Denn sein Antrieb ist nicht, mit Mitteln der Rhetorik zu überzeugen, nein, es ist die wütende Gegenüberstellung einer krankhaften Wucherung. Und mit der Wut lässt sich nie argumentieren.

Natürlich hat Mouron damit einen Roman unserer Zeit geschrieben. Einen, der genauso verwirrend ist wie diese Zeit. Dieses Jahr. Lesen sollte man das gerade deshalb unbedingt.

Vesoul von Quentin Mouron

Quentin Mouron: Vesoul, 7. Januar 2015.

Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller.

Originalveröffentlichung 2019.

120 Seiten.

bilgerverlag.

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Zum Buch: geprägter Einband (Karton) · bedrucktes Vorsatzpapier (Grafik) · Lesebändchen (rot) · fadengeheftet

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